Color Rush
Genre: BL, R-rated
S.Korea, 2020.
Poetisches Märchen, psychedelisch, Anleihen in den 80ern nehmend was Elektro-Sound und Farbenrausch anbelangt. Ebenso ruhig und ehrlich düster erzählt, zum Teil in monotoner Sprache, die sich auf die Worte verlässt, die tief gehen können, die eine dunkle Dimension anklingen lassen. Es erinnert dabei an Cat People mit Nastassja Kinski.
Doch all das ist sehr stimmig.
Der Film spielt in einer fast identischen Parallelwelt, in welcher es häufige und gewalttätige Vorfälle gibt, mit Farbenblinden, die ihre „Sonden“ entführen und letztlich töten. Sonden sind bestimmte Menschen, die ihre Wege zufällig kreuzen, und durch ihre Anwesenheit die Welt des Farbenblinden bunt färben. Die Begegnung erzeugt bei diesen darüber hinaus einen Farbrausch, der sie davon besessen macht.
Choi Yeon-Woo ist einer dieser Farbenblinden, der mit seiner Tante häufig umzieht, um sich selbst nicht zu erlauben, eine solche Sonde zu finden, um nicht dem anscheinend unvermeidlichen Gewalttrip zu verfallen.
Doch gerade in seiner neuen Schule trifft er auf Go Yoo-Han, der sich zuerst nur mit Maske zeigt (wie es in Südkorea schon seit einigen Jahren nicht ungewöhnlich ist) und ein Trainee für ein Idol-Programm ist. Yoo-Han löst im Schulalltag die Maske, und sieht Yeon-Woo in Ohnmacht fallen, weil diesen bei dem vollständigen Anblick seines Gesichts sein erster Farbrausch überwältigt. Yoo-Han ist fasziniert und fühlt sich zu Yeon-Woo hingezogen, was dieser erst abwehrt, weil er Angst hat, den typischen Verlauf mit Besessenheit und Gewalttat zu erleben.
Die beiden nähern sich wegen der Willensstärke und der Einsichtsfähigkeit Yoo-Hans einander und erleben eine ungewöhnliche Intimität, die ihnen die besondere Beziehung letztlich erlaubt.
Der Film besticht durch seine poetische Dimension, in welcher Farben auch in Worten Bedeutung erhalten, sich synästhetisch auf die Zuschauer übertragen, Teil der Handlung und der psychologischen Tiefendimension der Charaktere werden. Ein intensives Erlebnis, in welches Protagonisten und Zuschauer eintauchen können, wenn sie sich darauf einlassen. Die Intimität, welche das Genre BL als tragendes Element hat, wird hier weniger durch die körperliche Interaktion erzeugt, als durch das Einsinken in die dunkle Psyche und das Einbeziehen der Kunst als erotischer Spielplatz. Dazu die gute Wahl der beiden Schauspieler, welche als gerade mal Zwanzigjährige perfekt passen.
Hur Hun-Jun, der die Sonde Yoo-Han spielt, ist gerade aus einer Boygroup ausgestiegen, das harte Leben in den berüchtigten Casting-Programmen des KPop hat in seiner Erscheinung Spuren hinterlassen, die Augen haben viel gesehen. Seine Figur übernimmt auch die Leitung in dem Aufbauen der Beziehung zwischen den beiden Protagonisten, das Risiko umarmend, kompromisslos. Der gleich alte Yoo Jun wirkt weicher, von sich selbst eingeschüchtert, doch darauf trainiert, seine Pflicht zu tun. Das ist auch seine Rolle im Film.
Einer der besten BLs, „not your usual KDrama“, doch die Besonderheiten des KDramas nutzend: Hohe Professionalität, die Close-Ups, das Gleichgewicht zwischen Beiläufigkeit und Pathos.
Unbedingt empfehlenswert.
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